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Was derzeit im und rund um den Jemen passiert:

Ausgangslage regional

Die neuen Allianzen im Mittleren Osten sind derzeit noch keineswegs stabil und der Kampf um den Jemen bzw. die Instrumentalisierung dessen innerer Konflikte und der Konfliktparteien dienen dem Kräftemessen der Kontrahenten.

Saudi Arabien erprobt sich erstmals (nach der Generalprobe in Bahrein) als Militärmacht und möchte den Luftkrieg gegen den Jemen nutzen, um militärisch die Golfländer zu einen und gleichzeitig zu kontrollieren. König Salman arbeitet daran, seine Allianz gegen den Iran unter Einbeziehung der Türkei, Pakistans, Katars und Ägyptens zu verfestigen und durch diese neue Allianz das frühere Bündnis mit den USA zu ersetzen.

Der Iran arbeitet gegen diese Golfallianz unter Einbeziehung seiner Alliierten Libanon, Syrien, Irak und zunehmend auch Oman an. Weiters versucht der Iran, Pakistan auf eine neutrale Linie zu bringen und – fast immer – zu deeskalieren und militärisches Engreifen zu vermeiden. Allerdings werden auch provokative Schritte gesetzt, wie die Entsendung von Frachtschiffen mit Hilfsgütern in den Jemen, die sich nicht den von Saudi Arabien auferlegten Kontrollinstanzen beugen wollen. Der Iran weiß sowohl Russland wie China hinter sich.

Der Iran weist immer wieder daraufhin, dass die “muslimischen Brüder” zusammenarbeiten und zusammenhalten sollten und sich nicht von Israel gegeneinander ausspielen lassen sollten.

Israel wieder hat größtes Interesse, Konflikte zwischen arabischen Mächten zu schüren und zu eskalieren. Zwar verfolgt Israel das gleiche Ziel wie Saudi Arabien, den Iran auf die eine oder andere Art an der Nutzung von Atomkraft zu hindern. Sollte aber Saudi Arabien selbst nach Atomkraft streben, um mit dem Iran gleichzuziehen, wird Israel vom Verbündeten zum Feind Saudi Arabiens.

In Europa werden die Versuche, den Abschluss des Atomvertrages mit dem Iran zu verhindern, von Frankreich – neuerdings Liebkind der Golfstaaten – und Großbritannien eifrig unterstützt, ebenso wie das militärische Vorgehen gegen den Jemen, wovon man sich lukrative Waffenaufträge für die verbrauchten (Saudiarabien) und zerstörten Waffensysteme (Jemen) verspricht.

Besonders unklar ist die Entwicklung einer neuen Außenpolitik der USA im Mittleren Osten und im Verhältnis zum Iran und zu Saudi Arabien.

Mittelfristig ist mit einer politischen Annäherung zwischen den USA und dem Iran einerseits und Saudi Arabien und seinen Proxies sowie Daasch, alQaida und radikalen Salafisten andererseits zu rechnen. Die Fronten sind bereits in allen von Kriegen überzogenen Staaten des arabischen Frühlings errichtet, und am deutlichsten derzeit im Irak nachvollziehbar.

Saudi Arabien versucht mit allen ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen und Mitteln, Liberalisierung und demokratische Tendenzen im mittleren Osten zu verhindern, während die USA sich mehr und mehr ihrer moralischen Prinzipien besinnen und ihre verlorene Glaubwürdigkeit wieder gewinnen wollen. Man will nicht mehr Demokratie nur predigen, während man gleichzeitig repressive Regierungen aus opportunistischen Motiven stützt.

Für die USA hat der Antiterrorkampf absolut Vorrang, wobei sich der Iran als wesentlich effizienterer Partner erweist als die Golfstaaten. Die USA benützen derzeit auch die saudischen Luftattacken auf den Jemen, um im Windschatten Drohnenattacken gegen alQaida-Kämpfer zu lancieren.

Für Russland und China öffnet sich durch den Wechsel der Positionen und Allianzen ein erweitertes Operationsfeld. Wobei die russische Doktrin zu den Ereignissen im Nahen Osten sich wesentlich von der westlichen, insbesondere den US-Politiken (von einer einheitlichen Politik ist nicht zu reden) unterscheidet.

Die aktuellen Ereignisse im Jemen sind auch und vor allem in diesem Spannungsfeld und der Instabilität in der Region zu sehen.

Ausgangslage Jemen

Die Ausgangslage im Jemen ist einerseits “hausgemacht”, insbesondere was den Staatsstreich Salehs und der Houthis betrifft, andererseits aber ohne Einmischung der Regionalkräfte nicht denkbar. Folgende Faktoren konstituieren die aktuelle Ausgangslage für den Jemen:

 

–  die gescheiterte Konferenz in Camp David: US Präsident Obama trifft die – stellvertretenden – Regenten der Golfstaaten. Es kommt zu keiner Einigung über einen Beistandsvertrag der USA mit den Golfstaaten. Über das geplante Gesprächsthema “Krise im Jemen” gibt es keine Ergebnisverlautbarungen. In der Vorfeld-Pressekonferenz forderte Obama Lösungen für: “how we can build on the ceasefire that’s been established to restore a process for an inclusive, legitimate government inside of Yemen”.

–  Beendigung der Feuerpause/Einstellung der Fliegerangriffe auf den Jemen am 18.5. mit sofortiger verstärkter Wiederaufnahme in allen Städten, vor allem in Sana´a.

–  vollkommen unzureichende Versorgung der jemenitischen Bevölkerung mit Hilfsgütern in der 5tägigen Feuerpause. Hilfslieferungen kommen wegen der saudischen Blockade der Häfen und akribischer Kontrollen der Hilfsgüter nicht bei den Bedürftigen an.

–  Abschluss der dreitägigen Riadh-Konferenz am 20. 5.2015 mit Dominanz des GCC, unter Teilnahme der Exilregierung und etwa 150 Vertretern jemenitischer Parteien mit Ausnahme der Houthis und von A.A. Saleh, aber mit Persönlichkeiten des Moutamar.

–  Der Iran beschuldigt Saudi Arabien mehrfach, Verursacher der humanitären Katastrophe im Jemen zu sein.

–  Der Iran entsendet ein Frachtschiff mit 2.500 t Hilfsgütern nach Hodeidah und Begleitung von zwei Corvetten und will dieses nur von der UNO im Hafen von Hodeidah kontrollieren lassen. Saudi Arabien will das Bab alMandab blockieren und besteht auf Kontrolle durch saudisches Personal in Djibuti.

–  Schlussdokument der Riadh-Konferenz, wichtigstes Detail: “The declaration called for deploying Arab forces in Yemeni cities as part of support to popular pro-government resistance fighters as well as a humanitarian relief intervention”. Dies bedeutet, dass die Souveränität des jemenitischen Staates nach der Luft- und der Seehoheit auch am Boden weiter ausgehöhlt wird – alles mit Einverständnis der Exilregierung.

–  Opferzahlen am 20.5. laut UN seit Beginn der Luftangriffe am 26.3. 2015: 2.200 Tote (zumeist Zivilisten), über 7.000 Verletzte, die meisten ohne medizinische Versorgung, 550.000 Vertriebene (alle Zahlen ohne Opfer der Houthis, da diese nicht bekannt sind).

–  21.5.: Ankündigung eine inklusiven Jemenkonferenz am 28.5. in Genf durch UN-Generalsekretär Ban ki-moon: Ziel dieser Konferenz ist es, „to restore momentum towards a Yemeni-led political transition process.” Er verpflichtete alle Beteiligten „to act in good faith and without preconditions.”

–  Außenminister Ryad Yassin hat für die Exil-Regierung die Teilnahme wegen des knappen Termins abgesagt und Abdelmalik alHouthi stellte als Bedingung, dass das Friedens- und Partnerschaftsabkommen vom 21.9. 2014 aus Ausgangspunkt für die Verhandlungen dient. Saleh hat schon in seiner letzten Botschaft den Vorschlag einer solchen Konferenz in Genf gemacht!

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