Statistische Daten zum Bombenkrieg
Eine kürzlich veröffentlichte unabhängige und unparteiische Untersuchung ergab erschreckende Ergebnisse hinsichtlich der Opfer und Schäden des Bombenkriegs der saudischen Allianz, die nicht dem militärischen Sektor zuzurechnen sind, sondern Zivilisten und die zivile Infrastruktur betreffen.
Die Untersuchung, welche auf open-source-Quellen beruht und Untersuchungen vor Ort einbezieht, ergab, dass zwischen Ende März 2015, dem Beginn des Bombenkrieges und Ende August 2016 mehr als 8.600 Luftangriffe von der Saudischen Koalition geflogen wurden. Von diesen 8.600 Bombenattacken haben 3.577 militärische Anlagen getroffen und 3.158 nicht-militärische Anlagen. In 1.882 Fällen konnte nicht eindeutig eruiert werden, ob das Bombenziel militärisch oder zivil war.
Die UNO hat die Zahl der Kriegstoten seit 18 Monaten mit mehr als 10.000 beziffert, von denen nachweislich 3.799 Zivilisten waren. Menschrechtsorganisationen haben wiederholte Verletzungen durch die Houthis dokumentiert, darunter den Einsatz von Landminen und wahllosen Beschuss von Wohngegenden, und haben bekanntgegeben, dass die jemenitische Zivilbevölkerung unter schweren Verletzungen, begangen von allen Seiten, zu leiden hatte und hat.
Das Yemen Data Project hat sich ausschließlich auf die Untersuchung der Luftangriffe und deren Auswirkungen spezialisiert und hat auf Erhebungen der Opfer von Kampfhandlungen auf dem Boden verzichtet, weil zuverlässige und vollständige Nachweise nicht möglich waren, da der Zugang zu den Frontlinien verwehrt ist.
Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass insbesondere wiederholte Attacken auf Ziele, die eindeutig zivil sind, nicht zu rechtfertigen sind. Kollateralschäden können aus Fehlern in der Steuerung oder der Logistik erklärt werden, oder – in dicht bevölkerten Gebieten wie in Sana´a – aus der Nähe zu militärischen Zielen, aber die wiederholte Bombardierung von Schulen oder Krankenhäusern lässt solche Erklärungen nicht zu und verlangt nach genaueren Untersuchungen.
Aus der Karte der registrierten Bombenattacken der saudischen Allianz geht hervor, dass insbesondere das Stammgebiet der Houthis im Norden, Sana´a und Umgebung sowie Taizz und bis Juli 2015 Aden am meisten betroffen waren. 942 Angriffe trafen Wohngegenden, 114 Märkte, 34 Moscheen, 147 Schulgebäude, 46 Universitäten und 378 Transportwege oder Fahrzeuge.
Seit längerem gärt sowohl in Großbritannien wie in den USA Widerstand gegen die Beteiligung der jeweiligen Regierungen am Bombenkrieg. In letzter Zeit steigt der Widerstand in den Parlamenten gegen die Genehmigung von Waffenlieferungen, insbesondere von Bomben an Saudi Arabien.
Stammesversammlung in Arhab
Die bewaffneten Auseinandersetzungen auf jemenitischem Boden konzentrieren sich derzeit auf die Gebiete nördlich und östlich von Sana´a sowie auf Taizz. Im umkämpften Gebiet von Arhab wurde eine Stammesversammlung einberufen um die Loyalität der Stammeskämpfer für den „nationalen“ Sieg und gegen die feindlichen „Saudi Invasoren“ zu gewinnen. Die Stammeskämpfer werden mit Lebensmittelkontingenten und Bargeld belohnt und gelten bei dieser Vereinbarung nicht als käufliche Söldner oder Legionäre, sondern als professionelle Krieger, die sich unter bestimmten Bedingungen öffentlich für eine Sache verpflichten.
Die Houthis sammeln bei der Bevölkerung Bargeld zur Finanzierung des Soldes der Stammeskämpfer ein, Beiträge, die mehr oder weniger freiwillig geleistet werden. Bargeld wird zur Zeit immer knapper im Jemen, weil Saudi Arabien versucht, unter Einschaltung von Exilpräsident Hadi nach der Zerstörung der Infrastruktur, der Belagerung und Aushungerung der Bevölkerung nun auch die jemenitische Zentralbank lahmzulegen um jede Wirtschaftstätigkeit für Millionen von Menschen zu unterbinden.
Exilregierung und „befreite“ Gebiete
Exilpräsident Hadi rief dieser Tage von Riad aus die Mitglieder seiner Regierung auf, in den „befreiten“ Gebieten effizient für den Wiederaufbau und eine Verbesserung der Lebensbedingungen zu arbeiten. Im Lande wundert man sich: Wo sind die „befreiten“ Gebiete? Und wo die Regierung, die das bewerkstelligen soll? Hadi hat seit 19 Monaten jemenitischen Boden, abgesehen von 2 Stippvisiten von ein paar Stunden, nicht mehr betreten, von seinem Premierminister bin Daghr hörte man ein paar Tage lang in Aden großartige Ankündigungen, aber dann nichts mehr. Die Bevölkerung Adens leidet auch 13 Monate nach Beendigung der Kriegshandlungen schwer unter der zerstörten Infrastruktur, der mangelnden Sicherheit und den Versorgungsmängeln.
Dennoch gibt es Hoffnung!
Dieser Tage erreichen uns aktuelle Bilder aus den Kaffeebergen der Provinz Raimah, die uns zeigen, der alte „biblische“ Jemen, Felix Arabia, lebt weiter.
zu sehen unter:
http://www.huffingtonpost.com/entry/yemenis-living-in-the-mountaintops_us_57d80d43e4b0fbd4b7bb6aa2
http://www.theatlantic.com/photo/2016/09/far-from-the-war-yemens-remote-mountain-villages/500585/