Mittlerweile brauchen alle im Jemen Hilfe

Liebe Mitglieder, Liebe Sponsoren,

statt eines selbst gebastelten Newsletters bieten wir heute einen Artikel aus der Wiener Zeitung, dem einzigen Printmedium, das immer wieder Meldungen aus dem Jemen bringt.
Mit sehr lieben Grüßen
Anisa

Artikel ansehen: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2046377-Mittlerweile-brauchen-alle-im-Jemen-Hilfe.html?em_no_split=1

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Ramadan 2019

Liebe Mitglieder, liebe Sponsoren,

und noch einmal hat Nouria es zustande gebracht, zu Ramadan den Kindern und ihren Familien Essensrationen zukommen zu lassen …
Die SAUDI-Bombe letzte Woche hat nur knapp neben dem Haus eingeschlagen … wunderbarerweise sind alle Kinder wohlauf …

Sehr liebe Grüße
Anisa

 

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Presseaussendung

eine PRESSEAUSSENDUNG anstelle eines Newsletters:

KRIEG IM JEMEN: BERICHT ZEIGT TÖDLICHE KONSEQUENZEN FÜR
MÜTTER UND KINDER

EIN BERICHT VON _Ärzte ohne Grenzen_ ÜBER DIE JEMENITISCHE KLINIK
TAIS-AL-HUBAN ZEIGT AUF: FAST EIN DRITTEL DER BABYS IST BEI DER AUFNAHME
NICHT MEHR AM LEBEN.

Wien/Sanaa, 25. April 2019. Der Krieg im Jemen hat dramatische
Auswirkungen auf Schwangere und Babys. Das geht aus einem Bericht
hervor, den _Ärzte ohne Grenzen_ nun veröffentlicht. Aufzeichnungen
aus einem von der internationalen Hilfsorganisation betriebenen
Krankenhaus in Tais und einer von ihr unterstützten Klinik in Abs
zeigen, wie tödlich die Konsequenzen des Konflikts für Mütter und
Kinder sind.

Laut dem Bericht „Complicated delivery [1]“ registrierten die
Krankenhäuser in Al-Huban, einem Vorort der Großstadt Tais, und in der
Stadt Abs zwischen 2016 und 2018 den Tod von 36 Müttern und 1529
Kindern, darunter 1018 Neugeborene. Fast ein Drittel der Todesfälle in
der Klinik in Tais-Al-Huban waren Neugeborene, die bereits bei der
Ankunft tot waren. Die Todesursachen bei den Neugeborenen waren vor
allem Frühgeburt, Sauerstoffmangel bei der Geburt und schwere
Infektionen.

SECHS STUNDEN BIS ZUM SPITAL

Die Kriegsparteien im Jemen und ihre internationalen Unterstützer
haben den Zusammenbruch des öffentlichen Gesundheitssystems
herbeigeführt, das die Bedürfnisse der 28 Millionen Menschen im Land
nicht mehr decken kann. Um eine funktionierende Gesundheitseinrichtung
zu erreichen, in der sie sich die Behandlung auch leisten können,
müssen viele Jemenitinnen und Jemeniten Frontlinien überqueren oder
mehrere Checkpoints passieren. Vor dem Konflikt konnten die
Bewohnerinnen und Bewohner von Al-Huban in zehn Minuten ein
öffentliches Krankenhaus im Stadtzentrum von Tais erreichen. Heute kann
der Weg sechs Stunden dauern – und das für Schwangere oder
Neugeborene in kritischem Zustand.

„Luftangriffe und Kämpfe verhindern, dass Patientinnen und Patienten
aus dem Haus gehen, aus Angst vor Angriffen. Einmal wurde ein Auto aus
der Luft getroffen und alle Insassen wurden getötet“, berichtet eine
Hebamme im Krankenhaus von Abs. Die schwierige Sicherheitslage trifft
nicht nur Menschen, die medizinische Versorgung benötigen, sondern auch
das medizinische Personal. „Unser Krankenhauspersonal zieht es vor,
eine 14-stündige Nachtschicht statt einer achtstündigen Tagesschicht
zu arbeiten, um Fahrten nachts zu vermeiden“, sagt Jana Brandt , die die
Klinik von _Ärzte ohne Grenzen_ in Tais-Al-Huban kürzlich einen Monat
lang geleitet hat. Auch die Sorge vor Angriffen auf das Krankenhaus ist
groß. Das Krankenhaus in Abs wurde bereits einmal getroffen.

_Ärzte ohne Grenzen_ fordert alle Kriegsparteien auf, den Schutz von
Zivilistinnen und Zivilisten sowie medizinischem Personal zu
gewährleisten und Verwundeten und Kranken den Zugang zu medizinischer
Hilfe zu ermöglichen. Einschränkungen für humanitäre Organisationen
müssen gelockert werden, damit diese schnell auf die massiven
Bedürfnisse reagieren können. Internationale Hilfsorganisationen
müssen ihre humanitäre Hilfe verstärken und mehr erfahrene
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gebiete mit dem größten Bedarf
schicken.

_Ärzte ohne Grenzen arbeitet im Jemen mit mehr als 2.200
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in zwölf Krankenhäusern und
Gesundheitszentren und unterstützt mehr als 20 Gesundheitseinrichtungen
in elf Provinzen: Abjan, Aden, Amran, Hadscha, Hodeida, Ibb, Lahdsch,
Saada, Sanaa, Schabwa und Tais._

_Copyright © 2019 Ärzte ohne Grenzen Österreich, All rights
reserved._

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Newsletter 1 / 2019

Liebe Mitglieder, Liebe Sponsoren,

Sie haben sich sicher schon gewundert, seit längerer Zeit keinen Newsletter mehr bekommen zu haben. Eine sicher verständliche Erklärung dafür ist die Tatsache, dass Ereignisse aufgrund der Verschlimmerung des Krieges täglich überholt werden und eine typische Situation eine Woche später schon eine völlig andere sein kann.

Bitte entschuldigen Sie diese Unterbrechung in den von uns sonst regelmäßig gebotenen Informationen und nehmen Sie eine kurze Zusammenfassung des gegenwärtigen status quo zur Kenntnis:

Im Jemen hat im März das fünfte Jahr eines Krieges begonnen, der 2015 durch von Saudi Arabien auf Sana´a abgeworfenen Bomben seinen Anfang genommen hat. In diesen vier Jahren haben verschiedene Herausforderungen die Gefahr eines wesentlich umfangreicheren Kriegsausbruches verschärft, in der Folge leiden seither die meisten jemenitischen Städte unter Stromausfall, extremer Wasser- und Benzinknappheit, verseuchtem Brauchwasser, zerstörten Abwasseranlagen und Gewalttätigkeiten überall. Familien, die ihre Wohnungen auf der Suche nach anderen Herbergen fluchtartige verlassen haben, sehen sich anderenorts mit nicht wesentlich veränderten Bedingungen konfrontiert. Spitäler und Schulen sind in erschreckendem Ausmaß zerstört, können den zunehmenden Bedarf aufgrund der degradierten Infrastruktur nicht mehr decken.      

Martin Griffiths, der Sondergesandte der Vereinten Nationen für Jemen verkündete, dass „trotz des ´beachtlichen´ Fortschritts Jemen unter einer humanitären Krise leide, die von der UN als die schlimmste der Welt beschrieben wird“. Er traf kürzlich sogar mit Houthis in Oman zusammen, um seine Bemühungen fortzusetzen, die Umsetzung des im Dezember 2018 in Schweden geschlossenen Friedensabkommens zu erreichen, die kriegführenden Truppen aus dem besetzten Hodeidah zu verlegen. Die erbitterten Kämpfe gehen jedoch weiter und gefährden alle weiteren Friedensbemühungen.

Die Zahl der Opfer von Landminen und nicht explodiertem Kriegsmaterial hat ein alarmierendes Ausmaß erreicht,  Bemühungen um eine Reduzierung erweisen sich jedoch nach Aussage des Roten Kreuzes als fast unmöglich. Laut Guardian „wurden, vorsichtig geschätzt, seit 2016 60,000 Jemeniten getötet, die Mehrzahl von Bomben der Saudi/VAE Koalition. Die hausgemachte humanitäre Krise wurde außerdem hauptsächlich durch die von dieser Koalition verhängte Blockade verursacht.

Die Situation auf dem Gesundheitssektor verschlimmert sich weiter, die Zahl der Cholerafälle nimmt zu, immer mehr Kinder sind unterernährt, Angriffe auf Spitäler mehren sich. In 22 von den 23 Governements in Jemen eskalierten die Fälle von Cholera aufgrund der Zerstörung von Infrastruktur, Wasserversorgung, Gesundheitswesen und öffentlicher Einrichtungen durch Bombenabwürfe der von Saudi Arabien angeführten Koalition.   

Nach Aussage der “Ärzte ohne Grenzen” belief sich die Gesamtzahl vermuteter Cholerafälle von Jänner 2018 bis Jänner 2019 auf 387,860, mit 526 damit in Verbindung stehenden Opfern, 32.0% davon Kinder unter fünf Jahren. Des Weiteren leiden ca. 360,000 Kinder unter akuter Unterernährung, über 80,000 Kinder sind bereits verhungert, auch hier wieder nach Angaben der World Health Organization (WHO) fast ein Drittel im Alter von fünf Jahren. Außerdem sind immer noch  in Verletzung internationaler humanitärer Gesetze in verschiedenen Gebieten Spitäler Ziele kämpferischer Handlungen. Bei einem Bombenangriff wurden vor ganz kurzer Zeit in der Nähe eines Spitals in Kitaf im Norden Sa´ada´s acht Zivilpersonen getötet, darunter fünf Kinder. Ärzte ohne Grenzen nimmt in Aden keine Patienten in ihrer Klinik mehr auf, weil die Mitarbeiter ernstlich bedroht wurden und ein Patient gekidnappt und umgebracht wurde. Im Gouvernement von Taiz haben intensive Kampfhandlungen zwischen verschiedenen Fraktionen der “Pro Government“ Milizen den Brand des Al Mudafar Spitals ausgelöst. Die Rechnung zahlen jedoch immer nur Zivilpersonen …

Kinder, Frauen und ältere Menschen sind die Hauptleidtragenden dieses Krieges. Statt in die Schule zu gehen werden trotz der internationalen Abkommen zum Schutz des Kindes immer mehr Kinder entweder von den Houthis gezwungen, in den Kampf zu ziehen oder von den Saudis mit Geld an die Grenzen Saudi Arabiens gelockt.

Laut der vom jemenitischen Ministerium für Menschenrechte publizierten Statistiken belief sich die Anzahl der von den Houthis zwischen 2015 und 2018 rekrutierten Kinder auf 10,000.

In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass viele Familien ein dringend benötigtes Einkommen begrüßen, wenn ihre Kinder zum Militärdienst eingezogen werden. Dies gilt in ähnlicher Form für die Verheiratung immer jüngerer Mädchen vor dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestalter, da eine zur anderen Familie gezogene Tochter ein hungriges Familienmitglied weniger ist.

 

Eine kurze Aufzählung weiterer Umstände soll die gegenwärtige trostlose Situation veranschaulichen:

Beamte erhalten seit zwei Jahren ihre Gehälter nicht mehr und finden es immer schwieriger, ihre Familien zu ernähren.

Viele Familienerhalter sind umgekommen oder entlassen worden, als internationale Unternehmen aber auch inländische Firmen ihre Tätigkeit beendeten.

Eine beachtliche Anzahl jemenitischer Bürger hatten in Botschaften und Kulturinstituten gut bezahlte Arbeit gefunden, die sie dann abrupt wieder verloren – als alle Expats das Land verließen.

Verzweifelte Familien, die die Miete nicht mehr bezahlen konnten, zogen zu Verwandten aufs Land, wo ihre Kinder nicht mehr zur Schule gehen können.

Da auch Lehrer seit über zwei Jahren keine Gehälter mehr bekommen, ist das Unterrichtssystem vielerorts total zusammen gebrochen. Außerdem sind jetzt nicht nur Spitäler sondern auch Schulen militärische Ziele geworden. Jüngsten Berichten zufolge haben die Houthis Bomben auf mindestens vier Schulen in Hajja abgeworfen. Nach Angaben der UNICEF „gehen von den 7 Millionen Kindern im Schulalter mehr als 2 Millionen nicht mehr zur Schule, die Infrastruktur ist schwer beschädigt, es steht sehr wenig Lehrmaterial zur Verfügung. Von fünf Schulen kann eine nicht mehr benützt werden, weil sie völlig zerstört ist oder von obdachlosen Familien bewohnt wird“.

Eine sehr traurige Erklärung für die Bombenangriffe ist der Umstand, dass Waffen in den Kellern versteckt aber auch in Rettungsautos hinterlegt werden …

Und dennoch sind so viele Jemeniten unbesiegbar, allen voran die Kinder

Wie im Foto ersichtlich wollen sie unbedingt weiter zur Schule gehen und klettern über Trümmer  zu der Ruine ihrer Schule, um wieder zu lernen.

Also ist es fast ein Wunder, dass die meisten unserer YERO Kinder in Sana´a bleiben konnten und weiterhin zur Schule gehen können, dank der Versorgung mit sauberem Wasser und Nahrungsmitteln für die ganze Familie durch Nouria gesund sind. Dies ist nur mithilfe der zusätzlichen Spenden unserer Sponsoren möglich.  Und Nouria hat auch kein Problem, für die Kinder, die aufs Land ziehen oder heiraten, glückliche Nachfolger zu finden.

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Charity Konzert für Jemen 16.01.2019

Liebe Mitglieder und Liebe Sponsoren,

mit vielem Dank für die vielen Spenden, die auf unser FAI Konto eingegangen sind, sende ich jetzt noch eine Einladung zu einem Charity Konzert für Jemen. Falls eine Teilnahme möglich wäre, bitte sich per E Mail bei Steven-Geoffrey Eales,
s.eales@unido.org anzumelden, damit der Zugang im VIC funktioniert.

Sehr liebe Grüße
Anisa

Dear Members and Dear Sponsors,

many thanks for the multiple donations you paid into our FAI account
and I am forwarding an invitation to a charity concert for Yemen. Should you wish to participate please contact Steven-Geoffrey Eales by E Mail:
s.eales@unido.org to arrange for your access to the VIC.

Kindest regards
Anisa

SUBJECT: FW: Invitation – Charity Concert & Art Exhibition – MSF Support
in Yemen – 16 January 2019, 17.00h

I am pleased to extend the below invitation to join us to support the
charity event for the Children of Yemen.

With best regards,
CHANTAL POTHIER
PRESIDENT
UNIDO Staff Union
United Nations Industrial Development Organization

Tel: +43 1 26026 5151 | Mobile: +43 699 1459 5151
E-Mail: c.pothier@unido.org

VIC Restaurant – Mozart Room

TICKET PRICES FROM EUR 25
(100% OF TICKET SALES WILL BE DONATED TO MSF)

Help for Yemen

According to the UN [17] it is estimated that the current population of
Yemen is relying on emergency rations which could rise from eight to
fourteen million soon, this is approximately half of Yemen’s population.
Therefore, every amount in support to provide such rations helps.
Amongst those are about two million malnourished children which have put
a human face to the fears that a catastrophic man-made famine could
engulf the country in the coming months. The initiative has partnered
with MSF who is providing relief where it matters most. Therefore all
donations will be donated to their projects in Yemen.

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Neues von Nouria

Liebe Mitglieder und Sponsoren:

… und wieder einmal ist es Nouria gelungen, das Eid alAdha Fest mit den Kindern zu feiern und sie zu beschenken.
Die Situation in Sana´a ist wirklich schlimm, kein Benzin, Strom immer nur ganz sporadisch und jetzt haben die Saudis auch noch die Wasserleitung gesprengt!
Umso mehr freuen sich „unsere“ Kinder über die unerwarteten Gaben.
Vielen Dank für Ihre/Eure Spenden und sehr liebe Grüße
Anisa

 

 

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RAMADAN FOOD DISRUPTION JUNE 6 2018

Liebe Mitglieder und Sponsoren,

die Situation im Jemen ist momentan derart verworren und alarmierend, dass wir von einem Newsletter Abstand nehmen, dafür aber ein positives Ergebnis unserer Fürsorge für Ramadan berichten können. Dank einer großzügigen Spende von Jacqueline Flory aus München konnten wir Nouria € 10.000.-  zukommen lassen. Sie sehen auf den Fotos allerdings diesmal nur die Nahrungsmittelmengen, die gekauft werden konnten. Die Houthis hatten nämlich von Nouria verlangt, alles ihr zur Verfügung gestellte Geld immer für militärische Rüstung zu spenden … wissen aber nicht, um welche Summen es sich handelt, da unsere Überweisungen ja nirgends aufscheinen …
Und Nouria hat, wie immer, bei ihrem Großhändler eingekauft und allen Müttern Essensmarken gegeben, mit denen diese sich die Rationen für die ganze Familie selbst abholen können, sodass auch Houthi Spione bei YERO nichts vorfinden …

Mit lieben Grüßen
Anisa

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Interview mit Barbara Wally

erschienen online im Blog http://www.jill-24-7.de/2018/02/22/jemen-katastrophe/

Jemen ist momentan einer der schlimmsten Orte auf der Welt, um ein Kind zu sein“, sagte Geert Cappelaere, UNICEF-Regionaldirektor im Jemen, kürzlich. Wir lesen von Gewalt, Hungersnöten, Cholera-Epidemien…..

Jemen ist eines der kinderreichsten Länder der Welt – auch deshalb sind Kinder besonders von den nun bald drei Jahre andauernden Kriegshandlungen betroffen. Es ist ein Krieg, der die Zivilbevölkerung nicht schont, im Gegenteil: Weil der Krieg militärisch nicht gewonnen werden kann, wird die Zivilbevölkerung in Geiselhaft genommen und einem schleichenden Genozid ausgesetzt. Die Jemeniten, einschließlich ihrer vielen Kinder, sind in den meisten Gegenden des Landes Nahrungs- und Wasserentzug, Vertreibung, Epidemien wie Cholera und Diphterie, fehlender medizinischer Betreuung, Landminen und Bombardierung ausgesetzt.

In Aden brachen vor einigen Tagen erneut Straßenkämpfe zwischen dem Heer und der Separatistenmiliz aus. Aden leidet wie der Rest des Landes unter galoppierender Inflation, Währungsverfall und um bis zu 400 % gestiegenen Preisen für Grundlebensmittel. Zwar gibt es ausreichend Lebensmittel, doch sind diese für den Großteil der Bewohner unerschwinglich. Das tägliche Leben geht darin auf, das Nötigste zum Leben zu beschaffen, meist gibt es kein Benzin, kein Gas, die Wasserversorgung und die Müllentsorgung funktionieren schlecht, es gibt kaum bezahlte Jobs, man lebt von der Hand in den Mund. Der Jemen war ja mehr als zwei Jahre von der Außenwelt abgeschnitten, Häfen und Flughäfen waren geschlossen.

Inwieweit kommen Spendengelder, die an die großen Hilfsorganisationen gehen, überhaupt bei der Bevölkerung an? Erst am Wochenende war von den Vereinten Nationen ein neues Hilfsprogramm für den Jemen im Umfang von drei Milliarden Dollar beschlossen worden. Etwa 13 Millionen Menschen sollten endlich versorgt werden. Doch nun sickerte in UN-Kreisen die Information durch, die Houthis hätten über 30 Hilfsorganisationen (u. a. auch der UN) die Einsätze in den von ihnen kontrollierten Gebieten untersagt.

Ohne Spendengelder und ohne den Einsatz der vielen großen und kleinen internationalen und nationalen Hilfsorganisationen wären sicher schon Hunderttausende Jemeniten an Hunger, Durst, Krankheit, Vertreibung gestorben. Bei einer humanitären Katastrophe diesen Ausmaßes – fast 20 Millionen Menschen sind betroffen, darunter 8 Millionen akut – wird die Tätigkeit der Hilfsorganisationen zu einem Unternehmen, in dem Milliardenbeträge umgesetzt werden. Tausende Menschen sind weltweit in die Hilfsdienste eingebunden, auch viele Jemeniten vor Ort. Zahllose Firmen liefern die Hilfsgüter, für welche die Spendengelder eingesetzt werden. Bei dieser Größenordnung ist die Produktion und Beschaffung von Hilfsgütern zu einem eigenen Wirtschaftszweig geworden. Hinzukommt die Logistik des Transports, der Lagerung und der Lieferung an die Ausgabe- oder Verteilungsstellen, damit die Hilfsgüter dort ankommen wo sie dringend gebraucht werden – auch in lebensgefährlichen Kriegssituationen. Die Hilfsdienste bewältigen diese schwierigen Aufgaben in der Regel professionell und getragen von humanitärem Ethos. Dennoch lassen sich bei komplexen Dienstleistungen und Warenbereitstellungen dieser Art Missstände nicht immer vermeiden. Dazu gehört die Unterschiebung minderwertiger Hilfsgüter, vor allem im medizinischen Bereich, Mehrkosten durch schlechte Logistik und lange Lagerungszeiten, Verteilungsungerechtigkeit, Missbrauch und das Faktum, dass die künstlich hergestellte Mangelwirtschaft Schwarzmärkte und Kriegsgewinnler produziert. Im Jemen gab und gibt es die Fälle, wo dringend benötigte Güter wie Diesel (Krankenhäuser, Landwirtschaft) nur auf dem Schwarzmarkt zu haben sind. Manche Hilfsorganisationen gingen dazu über, den Bedürftigen Bargeld (das von der Besatzungsmacht ebenfalls künstlich verknappt worden war) auszugeben, damit diese entsprechend ihren Bedürfnissen einkaufen konnten. Die Geldinstitute nutzten wiederum die Marge zwischen offiziellem Wechselkurs und Schwarzmarktwechselkurs, um erheblich mitzuschneiden.

Dies alles ist nicht zu beschönigen, dennoch leisten die IGOs und die NGOs Unglaubliches, um die humanitäre Katastrophe im Jemen zu lindern. Auch sind andere Wege, die Zivilbevölkerung über weite Gebiete zu schützen und zu versorgen, derzeit schwer vorstellbar. Allerdings gibt es auch lokale, oft schon alteingesessene Hilfsorganisationen, welche die Verhältnisse und die Bedürfnisse der Bewohner genau kennen und in der Lage sind, effektive Hilfe zu leisten, speziell für Kinder und Frauen. Es ist allerdings schwer, an solche Gruppierungen vor Ort Geld zu überweisen. Lokale Organisationen helfen oft durch Lebensmittelpakte mit 6 Grundnahrungslebensmitteln, welche für eine Familie für ein Monat reichen.

In einem Krieg wie diesem, der militärisch nicht zu gewinnen ist, werden andere Strategien eingesetzt um Druck auszuüben und Nachgeben zu erzwingen. Not, Hunger, Schutzlosigkeit und Ohnmacht werden zur Demoralisierung eingesetzt und auch die karitativen Leistungen werden zunehmend strategisch instrumentalisiert.

Unter dem massiven öffentlichen Druck kündigte Saudi Arabien an, Hilfsgüter im Werte von 1,5 Milliarden USD in den Jemen zu entsenden. Allerdings wickelt das Land die Spendenaktionen nicht über die professionellen Organisationen ab, sondern hat eine eigene „Yemen Comprehensive Humanitarian Operation initiative“ eingerichtet, ein rein saudisches Unternehmen unter Ausschluss der internationalen Hilfsorganisationen, das auf dem gesamtjemenitischen Gebiet in 17 Korridoren von Marib aus, das unter saudischer Kontrolle steht, operieren und Hilfsgüter transportieren und zur bedürftigen Bevölkerung bringen will. Offensichtlich will Saudi Arabien die angekündigten Hilfsleistungen mit strategischen Interessen verknüpfen und sich auf diese Weise Zugang zu den Houthi-Gebieten verschaffen. Zudem wird offensichtlich mehr Geld für die Propaganda dieser Aktion eingesetzt als für die Aktion selbst.

Die Untersagung von Einsätzen internationaler Hilfsorganisationen durch die Houthis betrifft ein genau definiertes Kontingent an Hilfslieferungen:

„Houthis order health institutions under their control not to allow any program or move any aid by 36 INGs and local NGOs including UNICEF WFP Oxfam IOM without their approval and monitoring“.

Es geht hier ausschließlich um gesundheitsspezifische/medizinische Güter und Hilfsleistungen. Bei der Order an die jemenitischen Krankenhäuser und Ambulanzen wurde nicht präzisiert, welche medizinischen Güter vorab geprüft werden müssten, doch lässt die Formulierung darauf schließen, dass es unter den Lieferungen möglicherweise untaugliche oder schädliche Chargen gibt, wie dies ja in der Vergangenheit und anderen Orts schon öfter geschehen ist (verseuchte Blutbeutel, abgelaufene Medikamente) . Es scheint, dass die Houthis vor der Verteilung solcher ungeeigneter oder schädlicher Chargen gewarnt wurden.

Nach dem Tod von Ali Abdallah Saleh wurde erwartet, dass es Abspaltungen von den Houthis geben würde, dies scheint jedoch nicht der Fall sein. Hat Salehs Tod überhaupt Einfluss auf den Kriegsverlauf genommen?

Ja, sicher, wenn auch anders als erwartet. Eine spontane Reaktion auf Salehs Tod war die Schließung der russischen Botschaft in Sana’a, die eine der ganz wenigen Botschaften war, welche während der Dauer des Krieges offen geblieben waren. Saleh war mit der russischen Botschaft stets im Gespräch, er band Russlands Interessen in seine Nachkriegspläne ein, u.a. wollte er Russland einen Stützpunkt in Hodeidah erlauben. Russland zeigte sich verärgert über den Iran, dem es nicht gelungen sei, die Houthis unter Kontrolle und von einer Tötung Saleh abzuhalten. Zwischen den Houthis und Russland gibt es offensichtlich kaum Berührungspunkte.

Ein weiterer, die Zukunft des Landes bestimmender Punkt ist, dass durch den Tod Salehs das Streben nach Erhalt der Einheit des jemenitischen Staates an Rückhalt verloren hat und die sezessionistischen Kräfte gestärkt wurden. Somit wird einer Fragmentierung des jemenitischen Staates weniger Widerstand entgegenstehen.

Das Ausscheiden der Saleh-Fraktion scheint auf die Houthis keinen großen Eindruck gemacht zu haben. Im Gegenteil haben sie mehrere wichtige Ämter mit eigenen Leuten aus ihrer Ansar-Allah-Partei besetzt. Welche Auswirkungen hatte das auf die Stimmung im Land gegenüber den Houthis?

Kenner der Lage hatten schon erwartet, dass mit dem Tod Salehs am 4.12. 2017 ein potemkinsches Dorf versinkt. Denn die militärischen Kräfte der Saleh-Fraktion waren schon zum großen Teil in der von den Houthis geschaffenen und kontrollierten neuen Militärordnung aufgegangen. Soweit nachvollziehbar, hat sich nur ein geringer Teil der höheren Militärs nach Salehs Tod abgesetzt. Die Houthis internierten nach Salehs Tod einige tausend Saleh-Anhänger, um den von Saleh vorbereiteten Coup abzuschmettern. Inzwischen wurden diese bis auf einige hundert Personen aus dem engsten Umkreis Salehs wieder auf freien Fuß gesetzt. Saleh hat wohl, als er die plötzliche Kehrtwende vollzog und sich wieder bei den Saudis anbiederte, seinen Rückhalt weit überschätzt. Ähnlich wie im Militär, war Salehs Machtposition auch in seiner Partei, dem Allgemeinen Volkskongress Moutamar, „zerbröselt“. Der Moutamar war von Anfang an keine Partei im üblichen Sinn mit Parteiprogrammatik und Machtteilung, sondern ausschließlich auf den Führer Saleh ausgerichtet und zur Schaffung eines pseudodemokratischen Apparates, in dem Salehs Klientel organisiert war. Schon seit den revolutionären Ereignissen im Frühjahr 2011 hat sich der Moutamar mehrmals gespalten. Der in Sana´a verbliebene Rest kam nach Salehs Tod zur Wahl eines neuen Vorsitzenden zusammen, der den Houthis Loyalität schwor. Allerdings gibt es auch noch Moutamar-Gruppen in Marib, Taiz, Aden und der Diaspora. Die Houthis haben die mit Salehs Tod eliminierten Moutamar-Mandatare ihres Obersten Rates und ihrer provisorischen Regierung problemlos ersetzt. Doch in Verwaltungsangelegenheiten erweisen sich die Houthis als weit weniger professionell als in Angelegenheiten des Militärs und der Sicherheit. In den diversen Ministerien sitzen nach wie vor sehr viele Beamte aus der Ära Saleh.

Welchen Einfluss hat die Regierung Hadi überhaupt noch auf das politische oder militärische Geschehen im Land? Werden die Entscheidungen nicht längst von den Saudis allein getroffen?

In Bezug auf Hadi klaffen die Innensicht innerhalb des Jemen und die Außensicht, insbesondere die Berichterstattung über den Jemen, extrem auseinander. Die Legitimität Hadis ist seit seinem Rücktritt 2014 mehr als fragwürdig und beruht auf der Formel „des international anerkannten Präsidenten“. Eine Formel, die für Saudi Arabien wichtig ist, weil die saudische Regierung den Angriff auf den Jemen mit der Wiedereinsetzung des „rechtmäßigen“ Präsidenten begründet hat. Aber auch die USA, GB und Russland halten zumindest nach außen und auf dem Papier an Hadis Präsidentschaft fest, die er von seiner Residenz in Riad mit mehr oder weniger befolgten Erlässen, Ernennungen und Absetzungen ausübt. Hadi ist auf jemenitischem Gebiet „persona non grata“, im Houthi-Gebiet gilt er als Staatsfeind und Verräter, weil er die Saudis zum Bombenkrieg eingeladen hat, und im Süden verweigert ihm die Besatzungsmacht der Emirate die Landeerlaubnis. An der Person Hadis öffnet sich eine weitere Kluft, denn während Hadi als treuer Vasall der Saudis gilt, versuchten ihn die Emirate von Anfang an zu demontieren, weil seine Anhängerschaft vorwiegend aus Muslimbrüdern besteht. Gerade derzeit versuchen die Emirate, die in Aden präsente Regierungsmission Hadis mithilfe des von ihnen geschaffenen politischen Übergangsrates des Südens und seiner Milizen zu stürzen. Hadi war nie sehr populär, derzeit ist der Rückhalt für den abwesenden Präsidenten, welcher zudem massiver Korruption und Unfähigkeit beschuldigt wird, landesweit sehr gering.

Doch je mehr Hadis Einfluss schwindet, desto mehr drängt sich die Frage auf, was mit den zigtausenden Soldaten des regulären Heeres geschehen wird, wenn es keinen Oberbefehlshaber mehr gibt? Werden daraus Milizen, die von den verschiedenen in- und ausländischen Interessensgruppen für ihre Ziele instrumentalisiert werden?

Saudi-Arabien und Jordanien gehören zu den besten Kunden deutscher Rüstungskonzerne. Wegen der nicht unbedeutenden Rolle, die deutsche Waffen im Jemenkrieg spielen, sollen diese Deals vorerst gestoppt werden. – Ist das eine Erkenntnis, die 3 Jahre zu spät kommt, oder könnte das den Kriegsverlauf tatsächlich beeinflussen?

Im Jemenkrieg sind folgende Kriegsmaterialien deutscher Herkunft, die an die saudische Armee geliefert wurden, von Bedeutung für die Zivilbevölkerung: Bomben verschiedener Formate, die derzeit von einer Rheinmetall-Tochter in Sardinien produziert und nach Jeddah geliefert werden. In Saudi Arabien werden damit die Flugzeuge bestückt, die über dem Jemen Bomben abwerfen. Von Ende März 2015 bis Ende 2017 gab es insgesamt 14.600 Bombeneinsätze, die verheerende Schäden angerichtet haben und denen einige tausend Zivilisten, darunter hunderte Kinder zum Opfer fielen. Mit einem Embargo dieser Bomben, auch jener aus ins Ausland ausgelagerten Produktionsstätten, könnte die humanitäre Katastrophe zumindest gemildert werden. Weiters betrifft dies Küstenwachboote, sofern sie zur Blockade der Hilfslieferungen in den jemenitischen Häfen eingesetzt werden. Ein striktes Lieferverbot ist auch jetzt noch sehr hilfreich. Dauerhaft sind solche Embargos aber keine Lösung, denn Saudi Arabien unternimmt derzeit große Anstrengungen, ein eigenes Rüstungscluster aufzubauen und wird sich in angemessener Zeit selbst versorgen.

Am wichtigsten ist es aber, in der Diskussion um Waffenexporte den Zusammenhang zwischen Waffenlieferungen, Kriegsgeschehen und Flüchtlingsströmen herzustellen. Gerade angesichts der hohen Gewinne in der Waffenproduktion und im Waffenhandel würde ich dafür plädieren, Waffenexporte in (potentiell) Krieg führende Länder mit sehr hohen Exportsteuern zu belegen, die nach dem Verursacherprinzip einerseits für den Wiederaufbau im betroffenen Land, andererseits für die angemessene Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen aus Kriegsländern verwendet werden.

Große Gebiete des Jemens sind (Gott sei Dank) nicht von Kriegshandlungen betroffen, weil sich die Luftangriffe weitestgehend auf Houthi-Gebiete beschränken, doch wie ist die Situation der Menschen in diesen nicht direkt betroffenen Gebieten?

Die meisten Kriegshandlungen finden in den von den Houthis verwalteten Gebieten statt, die sich hauptsächlich über das nördliche Gebirge und die angrenzenden Landschaften erstrecken. Dieses Gebiet umfasst nur 20% der Oberfläche des Jemen, dort lebt aber 80% der Bevölkerung, weil es die fruchtbarsten und klimatisch angenehmsten Zonen des Landes sind. Also sind auch 80% der Gesamtbevölkerung des Jemen seit 2015 ständig von Kriegshandlungen bedroht, an den Grenzzonen und am Meer noch mehr als im Binnenland.

Dennoch zeigen die monatlichen Statistiken, die von den Hilfsorganisationen erstellt werden, dass von extremen Notlagen, Wassermangel und Seuchengefahr auch andere, sogenannte befreite Gebiete betroffen sind. Das hat auch damit zu tun, dass die saudische Koalition nach dem Scheitern einer militärischen Überlegenheit einen Wirtschaftskrieg gegen das gesamte Land führt, der mehrere sehr effiziente Strategien einschließt. Eine davon ist ein Embargo von Dieseltreibstoff. Der Mangel an Diesel legt nicht nur die Energieversorgung der Krankenhäuser lahm, sondern vor allem die Wasserpumpen, die für die Landwirtschaft unabdingbar sind. Landwirtschaftliche Erträge werden ohne die Pumpen von Jahr zu Jahr geringer. Eine andere Strategie bestand darin, dass die öffentlichen Bediensteten einschließlich des Militärs, und damit ein Drittel der Familienerhalter, monatelang keine Gehälter ausbezahlt bekamen. Lehrer konnten nicht mehr unterrichten, weil sie ihre Familie mit anderen Jobs zu erhalten versuchten, die Schulen mussten schließen. Dann verschwand sukzessive das Bargeld und selbst, wenn es in den Geschäften Waren gab, konnten die Menschen nichts kaufen. In Russland bestellte und gedruckte Geldscheine konnten nicht unter die Leute gebracht werden, weil die Flugzeuge mit dem Geldtransport 13 Mal von den Besatzern der saudischen Koalition keine Landeerlaubnis erhielten. Zuletzt wurde die jemenitische Währung galoppierend entwertet. Während man kurz vor dem Krieg für 1 USD nur 215 jemenitische Rial erhielt, muss man nun für einen Dollar mehr als 400 Rial zahlen. Bedingt durch diese Faktoren und die Blockaden der Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen, stiegen die Preise um bis zu 400% während die Arbeitslosigkeit auf 60% stieg. Zuletzt hat Saudi Arabien 2 Milliarden Dollar in der jemenitischen Nationalbank deponiert, um die Währung zu stabilisieren. Von diesen Faktoren sind fast alle Jemeniten betroffen und der Mittelstand ist tief in die Armut gerutscht. Daneben gibt es auch Kriegsgewinnler, dir vor allem auf dem Schwarzmarkt mit der konstanten Mangelware Benzin gute Geschäfte machen.

Der Krieg dauert nun über 1000 Tage, seit Kriegsbeginn gab es fast 16.000 Luftangriffe auf das Land, 22 Millionen Jemeniten gelten als notleidend, 8 Millionen sind akut vom Hungertod bedroht, selbst wenn der Krieg morgen enden würde, wären die Auswirkungen dieser Katastrophe noch Jahrzehnte im Land spürbar. Parallel dazu sind während des Krieges 3 Millionen Babys im Jemen zur Welt gekommen. Ist das ein Zeugnis für die große Leidensfähigkeit der Jemeniten, für Ihre Fähigkeit, dennoch an eine bessere Zukunft zu glauben?

Man kann das so sehen und Hoffnung in die Zukunft des Jemen setzen. Ich neige zurzeit eher zu einer pessimistischen Betrachtungsweise und frage mich: Wie kann die Welt zuschauen, wie hier ein Land – ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen – mutwillig zerstört wird und nichts dagegen unternehmen. Warum gibt es zum Beispiel keine UN-Friedensmission. Warum heizen die sogenannten Freunde des Jemen die Konflikte von außen mehr an, als sie sie schlichten wollen?

Mit jedem Kriegstag mehr, fürchte ich, tragen die Kinder durch Unterernährung, Krankheiten und Traumatisierung bleibende Schäden davon, jeden Tag mehr, die ihr weiteres Leben bestimmen werden, vielleicht sogar noch das Leben ihrer Kinder – so wie unser Leben (ich gehöre der Nachkriegsgeneration an) vom Horror des 2. Weltkriegs und den Gräueltaten geprägt wurden. Die jemenitischen Kinder werden weniger Chancen haben als andere Kinder, die in Frieden aufwachsen können. Ich glaube auch, dass die Menschen im Jemen nicht zur ihrer früheren Lebensform, zu ihrer Gastfreundschaft, ihrer Großzügigkeit und Lebensfreude zurückkehren können – nach allem was sie jetzt durchmachen.

Täglich verfolge ich die Nachrichten, fühle die Ohnmacht und versuche dagegen anzukämpfen, indem ich mich im Kleinen engagiere. Indem ich über den Jemen schreibe, von ihm erzähle, und mich für die NGO YERO engagiere, die in Sana´a ein Zentrum zur Betreuung von bedürftigen Kindern betreibt, ihnen den Schulbesuch ermöglicht und sie fördert, und ihre Familien mit kleinen Einkommensmöglichkeiten und Lebensmittelspenden unterstützt.

 

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Newsletter 24

Nach mehr als 1000 Kriegstagen schreitet die Fragmentierung des Jemen rapide voran. Im Laufe des nun bald drei Jahre andauernden Krieges kristallisieren sich zunehmend die Gewinner heraus, die auf jemenitischer Seite nicht mit den Machthabern der Zeit vor Kriegsbeginn ident sind.

Verlierer des Krieges ist die jemenitisch Zivilbevölkerung und insbesondere die Kinder, wobei laut UN derzeit 22 Millionen Menschen als notleidend gelten und 8 Millionen als akut vom Hungertod bedroht.

Selbst wenn der Krieg bald beendet wird, werden die Zerstörungen wohl Jahrzehnte nachwirken, ob es um Wiederaufbau oder Traumatisierungen geht.

Die Kriegshandlungen konzentrieren sich derzeit auf Luftangriffe der saudischen Koalition auf das Houthigebiet, den Stellungskrieg an den Grenzen der Houthi-Gebiete und am Roten Meer, die Houthi-Raketenattacken auf saudisches Gebiet, den US-Drohnenkrieg in den südlichen Provinzen sowie alQaida-Attacken gegen die Houthis und gegen die emiratisch dominierten Sicherheitskräfte im Süden. Die Emirate verdichten und erweitern ihre militärische Kontrolle des Südens.

Auf der Karte ist ersichtlich, dass die Houthis im Vergleich zur Lage vor dem 4. Dezember 2017 etwas zurückgewichen sind: An der Rotmeerküste in Richtung Hodeidah, im Jauf im Norden und in alBeidha, dessen östliche Grenze hart zwschen Houthis, alQaida und Daash umkämpft ist. Nach dem Tod von Ali Abdullah Saleh wurde erwartet, dass sich größere Einheiten der Republikanischen Garde und der zentralen Sicherheitskräfte von den Houthis abspalten und, wie von Saleh geplant, den saudischen Kräften anschließen würden. Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Die meisten dieser Saleh nahestehenden Einheiten wurden von den Houthis schon vorher integriert und ihre Waffen übernommen.

Die auf der Karte hellblau gefärbten Gebiete im Süden und Osten werden von westlichen Medien noch immer als  „unter Kontrolle der rechtmäßigen Regierung Hadi“ geführt, doch hat die Regierung Hadi kaum Einfluss auf das Geschehen, weder militärisch noch politisch. Hadi selbst kann ohne Zustimmung der Saudis nichts unternehmen und wird von den Emiraten, welche sich im Süden immer mehr ausbreiten, als Staatsführer des Südens dezidiert desavouiert.

Die von den Houthis verteidigten Gebiete im Nordwesten des Jemen wurden im Monat Dezember 2017 mit 541 Luftangriffen der saudischen Koalition attackiert, bei denen hunderte Zivilisten starben. Gegenüber November 2017 erhöhte sich die Zahl der Luftangriffe um 67%.

Zwischen Kriegsbeginn am 26.3.2015 und Jahresende 2017 wurden insgesamt 15.760 Luftattacken gezählt, wobei weit mehr zivile als militärische Ziele getroffen wurden. Allein seit Jahresbeginn 2018 wurden durch die Luftangriffe bisher über 200 Menschen getötet.

Große Gebiete des Jemen sind derzeit nicht von direkten Kriegshandlungen betroffen, denn die Luftangriffe der saudischen Koalition konzentrieren sich auf die von den Houthis besetzten Nordprovinzen und die Schauplätze des Bodenkriegs. Dennoch ist die Versorgungslage fast überall schlecht. Die Emirate brüsten sich zwar mit hohen humanitären Leistungen und Infrastrukturverbesserungen für die Menschen des Südens, doch sind die meisten Infrastrukturdienste völlig unzureichend und die Menschen leiden unter Unterversorgung und Mangelernährung. Etwas besser ist die Stromversorgung, aber Benzin gibt es nur zu horrenden Schwarzmarktpreisen, Gas ist knapp, das Internet meistens lahmgelegt und die Preise für die Grundversorgung mit Lebensmitteln sind seit Kriegsbeginn um das Vierfache gestiegen. Hinzu kommt, dass öffentliche Bedienstete seit Monaten auf ihre Gehälter warten. Durch die große Not werden Jugendliche und Männer sowohl im Süden wie im Norden bei den Houthis – und dort auch Kinder – in den Militärdienst getrieben, wo sie noch am ehesten Geld verdienen können. Die Mangelwirtschaft und Verknappung an Lebensmitteln und Geld scheint gezielt herbeigeführt zu werden, denn sie schafft einerseits Nachschub an Soldaten und bringt den Schwarzmärkten der Kriegsgewinnler enorme Gewinne durch Preistreiberei. Damit steigt die Korruption und notgedrungen auch die Kriminalität. Dennoch hat sich die Sicherheitslage im Süden in den letzten Wochen etwas verbessert.

Im Norden war die Sicherheit durch die strenge Überwachung der Houthi-Saleh-Koalition auch früher schon gegeben.

Nach dem Tod von Ali Abdullah Saleh hat sich die Stimmung gegenüber den Houthis rapide verschlechtert. Galten die Houthis trotz aller Drangsalierungen, denen die Bevölkerung in Sana´a und darüber hinaus ausgesetzt war, als Helden für das Vaterland, weil die erfolgreichen Raketenattacken auf saudisches Gebiet den Patriotismus der Jemeniten stärkten, so waren die letzten Wochen – auch abgesehen von den verstärkten saudischen Luftattacken – unerträglich. Saleh hatte ja schon länger geplant, „eine neue Seite aufzuschlagen“, d.h. zu den Saudis überzulaufen und seine Vorbereitungen getroffen. Die Houthis witterten daher überall in Salehs Partei Verrat und inhaftierten führende Moutamar-Mitglieder sowie des Verrats verdächtigte Militärs oder vertrieben sie. Die Houthis steigerten auch die Verhaftungswelle gegen kritische Journalisten und social media-Aktivisten. Sana´a befindet sich seitdem in einem Ausnahmezustand mit Kontrollen, Razzien und Übergriffen. Der Unmut in der Bevölkerung wächst stetig und kann jetzt auch nicht mehr auf Saleh abgelenkt werden. Politisch haben die Houthis mit ihrer Ansar-Allah-Partei den Verlust oder das Ausscheiden der Salehfraktion relativ leicht bewältigt und diverse Minister- und andere hohe Positionen mit eigenen Leuten nachbesetzt.

Salehs Moutamar, der einst über 80% der Parlamentssitze innehatte und sämtliche Minister stellte, erweist sich im Nachhinein als Papiertiger und befindet sich nach dem Tod Salehs und seines Stellvertreters Arif Azouka im Zustand der Auflösung.

Sanaa, 4.1.2018, Neugründung des Moutamar, der Volkskongresspartei, nach dem Tod von Ali Abdullah Saleh. Neuer Parteivorsitzender ist Sadeq Amin Abu Ras, die Partei wendet sich gegen die saudische Aggression. Für Saleh-Sohn Ahmed Ali Saleh ist kein Platz

Sanaa, 4.1.2018, Neugründung des Moutamar, der Volkskongresspartei, nach dem Tod von Ali Abdullah Saleh. Neuer Parteivorsitzender ist Sadeq Amin Abu Ras, die Partei wendet sich gegen die saudische Aggression. Für Saleh-Sohn Ahmed Ali Saleh ist kein Platz

Dieser Tage haben 56 Parteimitglieder in Sana´a, d.h. mit Zustimmung der Houthi,  die Neugründung der Partei beschlossen und erarbeiten Grundlagen und Zusammensetzung der Partei, die 30 Jahre lang ganz auf die Person ihres Führers zugeschnitten war. In einer ersten Stellungnahme ergreifen sie zwar nicht Partei für die Houthis, bezeichnen Saudi Arabien aber als Feind. Zum Vorsitzenden wurde Sadeq Amin Abu Ras, ein früherer Landwirtschaftsminister gewählt. Der Name Ahmed Ali Saleh, der sich als Verbündeter der Saudis um die Position beworben hatte, ist nicht gefallen.

Den Emiraten scheint klar geworden zu sein, dass ohne den Vater Ali Abdullah Saleh dessen Sohn Ahmed Ali Saleh, der seit 2012 in den Emiraten lebt, keine geeignete Führungsfigur für den Jemen ist.

Die Emirate haben sich mit dem „Politischen Rat für den Übergang im Süden“ ein organisatorisch schon weit entwickeltes Instrument (Provinzräte in fast allen Provinzen des Südens und der Ansatz einer Marionettenregierung) geschaffen, dessen Hauptziel vorerst die Abtrennung vom Norden ist. Doch im Norden sind nach Vertreibung der Islah und Auflösung des Moutamar nur die Houthi-Strukturen als funktionierendes politisches Organ übrig geblieben.

In dieser Lage haben sich die Emirate und Saudi Arabien als Besatzungsmacht wohl klar gemacht, dass sie bei einem derzeitigen Kriegsende keine politischen Strukturen, Organisationen und Vertrauensleute mehr hätten, über welche sie die Entwicklungen im Norden des Jemen steuern könnten. Und in dieser Lage mussten die Emirate und ihr Führer, Kronprinz Mohamed bin Zayed, als Hasser der Muslimbrüder bekannt, über ihren Schatten springen und Kontakte zur Islah-Partei aufnehmen, deren Führer in der Emigration leben, weil sie von den Houthis im Norden und den Emiraten im Süden vertrieben wurden. Kronprinz Mohamed bin Salman und Kronprinz Mohamed bin Zayed trafen mit ihren Sicherheitsministern zuerst in Riadh und dann noch einmal in Abu Dhabi (ohne MbS) mit den Islah-Parteiführern Mohammed AlYadumi und Abdulwahab AlAnsi zusammen um mit ihnen eine künftige politische Führung und Führungsstruktur zu besprechen. Yadoumi und Ansi bilden die führende Vertretung der Muslimbrüder in der Islah-Partei, mussten aber – neben anderen Bedingungen – zusagen, dass die Muslimbrüder in Zukunft keinen Einfluss auf die Partei haben werden.

Die Verhandlungen sind noch im Gange. Sie lassen aber Hoffnung aufkommen, dass ein Ende der Kriegshandlungen in Aussicht steht. Bestärkt wird diese Aussicht durch die Ankunft des Vertreters der OSEGY, Maan Schuraim, in Sana´a, um mit den Houthis zu verhandeln. Seit dem Antritt des neuen UN-Generalsekretärs Guterres hat sich die Haltung der UNO in der Jemenagenda von einem Vollzugsorgan saudischer Interessen in eine unparteiische und vor allem humanitär engagierte Richtung entwickelt.

 

 

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