Die nun seit 10. April in Kuweit mit Unterbrechungen geführten Verhandlungen zur Herstellung eines Waffenstillstandes im Jemen erreichten einen neuen negativen Höhepunkt, als der Versuch einer von OSEGY Ismael Ould Scheich Ahmed vorbereiteten Resolution im Sicherheitsrat der UNO am Widerstand Russlands scheiterte.
Für die Sitzung am 3.8. im Sicherheitsrat der UNO in NY, welche Schirmherr der Gespräche ist und Scheich Ahmed als Sondergesandten eingesetzt hat, hatte – wie schon bei früheren Jemen-Resolutionen – Großbritannien, vertreten durch seinen stellvertretenden UN-Botschafter Peter Wilson, den Entwurf für die Abstimmung im Sicherheitsrat vorbereitet, der wie alle früheren Jemenentwürfe Saudi Arabien als Kriegspartei und die von ihr gesponserte Regierung Hadi „als international anerkannt“ unangemessen bevorzugte und die Houthi-Saleh Fraktionen in eine realistisch nicht gegebene Position eines Besiegten und zu Kapitulierenden manövrierte.
Vitaly Churkin, Delegierter Russlands im Sicherheitsrat, sagte nach Abbruch der Sitzung, „the council was almost ready to make a joint pronouncement in support of the political process“ when a delegation made an unacceptable demand”. Bei den Staaten, die unannehmbare Bedingungen stellten, handelte es sich wieder um Großbritannien und die USA, die in allen bisherigen Resolutionen vor allem aber in der verhängnisvollen Resolution 2216 die pro-Saudi-Linie vertreten, welche die Houthi-Saleh-Fraktionen zwingen, vor dem Beginn jeglicher Verhandlungen zu kapitulieren, indem sie die Waffen niederlegen und sich aus den eroberten Städten zurückziehen. Mit den Vorbedingungen dieser Resolution wurde ein wirklicher Friedensschluss unmöglich gemacht, weil es der Hadi-Fraktion genügt, kompromisslos auf der Erfüllung der für die Houthi-Saleh inakzeptablen Resolution 2216 zu beharren, ohne sich zu bewegen, und den saudischen Kriegsführern erlaubt, den Jemen weiterhin zu bombardieren, den Tod vieler Kinder einzukalkulieren und gleichzeitig die jemenitische Bevölkerung durch Blockade der Häfen und Flughäfen weiter auszuhungern.
Für den aktuellen Versuch einer einseitigen Schuldzuweisung für das Scheitern der Verhandlungen an die Houthis und Saleh wurde die Einrichtung eines politischen Rates durch dieselben am 28.7. in Sana´a herangezogen und als „unilaterales Vorgehen“ gegen die Bestimmungen gewertet. Großbritannien und nicht genannte und andere Sicherheitsmitglieder (unter Druck von Saudiarabien) wollten die Houthis dafür bestrafen, dass sie Saleh mit diesem politischen Rat aufgewertet und ihm wieder eine öffentliche Position ermöglicht haben.
Am 28.7. hatten die Houthis/Ansar Allah und der (Rest)Moutamar/Ali Abdullah Saleh in Sanaa die Bildung eines politischen Rates von 10 Personen (5 pro Fraktion) mit alternierendem Vorsitz gebildet, welcher die wichtigen anstehenden Probleme – nämlich Wirtschaft, Finanzen, Wiederaufbau mit verstärkter Kraft in Angriff nehmen und die militärische Agenda in den Hintergrund rücken sollte. Dies ist umso mehr plausibel, als Saudi Arabien den jemenitischen Krieg nun vermehrt mit wirtschaftlichen Druckmitteln führt.
Die Nachricht, dass die Houthis/Affash und Saleh/Moutamar in Sana´a angekündigt haben, eine gemeinsame politische Regierung mit je 5 Mitgliedern zu etablieren, schlug im Jemen selbst zunächst wie eine Bombe ein. Die Aufregung und die Furcht resultierten vor allem aus der Präsenz von Ali Abdullah Saleh, der offensichtlich eine führende Rolle in
dieser neuen Regierung einzunehmen gewillt war und ihm diese Position auch von den Houthis gewährt wurde. Saleh, seit 2011 Expräsident, stellte durch eine Fernsehansprache im Nu seine alte Autorität wieder her. Auch wenn ihn inzwischen zahlreiche Proxies und Parteigänger verlassen haben, neue Parteien gegründet oder zu Hadi übergelaufen waren, und der Moutamar nicht viel mehr als eine Parteiattrappe ist, so ist es wie immer die Person Saleh selbst, welche Macht und Kontrolle ausstrahlt. Angesichts des selbstherrlichen Auftritts Salehs gerieten viele, die 2011 gehofft haben, ihn endgültig los zu sein, erneut ins Bangen und in Angst vor seiner Rache. Die Revolution 2011 hatte die die Bevölkerung beklemmende Ohnmacht gegenüber dem Regierenden etwas genommen, doch diese flackerte angesichts der massiven Präsenz Salehs sofort wieder auf.
Vor allem im Süden irritierte der neuerliche Aufstieg des verhassten Zentralisten Saleh die durch die politische Unsicherheit, die ständigen Attentate und die Fremdherrschaft ohnehin belastete Bevölkerung. Die Tendenz zur Abspaltung wird mit dieser Entwicklung massiv gefördert. Hinzu kommt, dass Saleh in Sana´a und im Norden noch immer auf Loyalitäten in der Administration, bei den Stammesscheichen und vor allem beim Militär
zählen kann. Saleh wendete sich in seiner Rede vor allem gegen Saudi Arabien, verurteilte es wegen seiner anhaltenden Kriegsverbrechen und forderte direkte Gespräche mit Saudi Arabien, um einen Waffenstillstand zu erreichen.
Eine Großdemonstration am 29.7. bei strömendem Regen in Sana´a manifestierte, wie viel Rückhalt die Houthis und Saleh im Nordjemen haben, während Hadi nach wie vor als „König ohne Volk und Land“ in Riad weilt, aber im fernen NY als „international anerkannter Präsident des Jemen“ gilt.
Die Tatsache, dass GB, die USA, Frankreich, derzeit auch Ägypten und Senegal als nicht-ständige, von Saudi Arabien finanziell abhängige Mitglieder des Sicherheitsrates, sich an diese Strategie halten, die Houthis zu kritisieren und Hadi sowie seine saudischen Patrone zu stützen, kann zu keiner friedlichen Konfliktlösung führen. Dies ist den Beteiligten auch bewusst, was zu dem klaren Schluss führen muss, dass es ein Interesse an der Aufrechterhaltung des bewaffneten Konflikts gibt, aber unter internationaler Aufsicht. Russland, das als ziemlich einziges Land, kontinuierlich über die Kriegszeit seine Botschaft in Sana´a besetzt hielt, stellt sich zunehmend hinter die Houthis und gegen diese Strategie.
Aber Saudi Arabien kann sich trotz der Unterstützung durch die UNO nicht zurücklehnen, denn der Vormarsch der Houthi-Saleh-Truppen in den Süden Saudi Arabiens hält an.
Am 3.8. erregte eine Nachricht Erstaunen, dass eine Houthi-Rakete, die nur 2 km Reichweite hat, im Zentrum der Stadt Samidah in der saudischen Provinz Jizan eingeschlagen sei. Die Stadt liegt 10 km Luftlinie von der jemenitischen Grenze entfernt, was bedeutet, dass sie 8 km innerhalb saudischen Territoriums abgeschossen worden sein muss. Der Vormarsch der jemenitischen Truppen – Beobachter schätzen, dass sie je zur Hälfte von Houthis und den zu Saleh loyalen Heerestruppen gestellt werden – erstreckt sich über 200 km entlang der gemeinsamen Grenze